Pure Vernunft darf niemals siegen!

Day 804, 16:17 Published in Germany Germany by Iseutz

Eine etwas andere Sicht auf die üblichen Spielchen...

Ich habe gerade mit Interesse den sehr guten Artikel von Dejan Vojvoda gelesen. Obwohl wirklich lesenswert, krankt er doch an einem Makel. Niemand hat Interesse an diskursivem Austausch von begründeten Positionen. Je besser die Erläuterungen sind, umso weiter gehen sie an der Wirklichkeit des Spiels vorbei.

Das basiert nicht nur auf mangelndem Intellekt, sondern vielmehr aufgrund des Fakts, daß Babies von Natur aus dumm sind. Wer neu in die Welt kommt, hat nunmal keinen Plan, es braucht auch für den Quirligsten schlicht und ergreifend Zeit, bestimmte Dinge zu erfassen. Same here, deswegen sage ich: Laßt sie schreien, bemuttert sie ein bissel, aber das ganze nicht zu lang und geht nicht auf jeden Scheiß ein, den sie so absondern. Eben weil es Zeit kostet, bestimmte Dinge zu begreifen, da gibt es keine Abkürzung. Bemühte Erklärungsversuche gehen entweder im Geschrei unter oder sie sind zu komplex, um verstanden zu werden. Egal wie sehr man sich ins Zeug legt, das Baby bleibt eine gute Weile lang einfach saudumm. Das schließt keineswegs die Lernfähigkeit aus, aber wer hier in eRep der Ansicht ist, vor lauter Euphorie die Hütte einrennen zu müssen, wird schnell feststellen, daß hinter der schädlingszerfressenen Pappkartonfassade von eRepublik ein stahlharter Kern sozialer, militärischer und ökonomischer Prozesse verborgen ist. Da kann man drauf herumkauen wie man will, selbst nach Monaten versteht man nicht alles, außer natürlich man opfert mehrere Stunden täglich nur dem weitgehend passiven Erfahrungszugewinn. Tatsächlich sollte man circa einen Monat lang besser die Klappe halten, sonst übertönt das eigene Geplapper so manch wichtige Information.

Dazu kommt selbstverständlich das nächste Problem, denn alte Spieler sind von Spielnatur aus ebenfalls minderbemittelt, sie sind senil, elitär oder einfach korrupt. Natürlich auch gerne eine Mischung aus Allem. 'Alte Spieler' bedeutet mehrere Monate Spielzeit, bei manchen sogar Jahre. Im letzteren Fall gilt man besonders gerne als elitär und korrupt, weil man sich schon lange aus dem 'Kindergarten' zurückgezogen hat und in ganz anderen Sphären operiert. Binnen dieser längeren Spielzeiten machen die meisten jedenfalls ähnliche Erfahrungen, worüber es sich lohnt aufzuregen und worüber nicht. Deswegen schreien die meisten Alten nicht bei den selben Sachen auf, wie die Nachwuchskräfte und umgekehrt. Wer das in dieser Zeit nicht irgendwann kapiert hat - beispielsweise, daß sich selbstverständlich auch eRep-Politik ebenso aus leergedroschenen Phrasen, wie aus astreinem Machgeklüngel zusammensetzt - der hat schon vor langer Zeit aufgegeben und gammelt nur noch als Leiche oder Halbaktiver herum. Diese Gefahr droht besonders jenen Jünglingen, die in der Anfangszeit vor lauter Begeisterung kaum wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Hierfür das bekannte Bild des Strohfeuers zu benutzen ist ebenso naheliegend wie zutreffend. Die alten Spieler haben indes ihre eigenen Strukturen aufgebaut, sie kennen das Spiel halbwegs gut, sie kennen sich untereinander, sie wissen, was der andere weiß und wem sie was zutrauen können. Babies sind unbeschriebene Blätter und wer da in irgendeiner Form aus dem Rahmen fällt, wird sich zunächst beweisen müssen, ob er oder sie länger als nur ein paar Wochen durchhält. Daß die Alten sich gegenüber diesen Neulingen nicht mit dem selben Respekt verhalten wie (vielleicht) untereinander und sich auch nicht immer mit harschen Kommentaren zurückhalten, liegt auch hier in der Natur der Sache.

Es ist also absurd und kindisch anzunehmen, man müsse alles erklärt bekommen oder daß in eRepublik nicht die gleichen sozialen und psychologischen Phänomene auftreten würden, wie im 'echten Leben'. Das hier sind alles echte Menschen (naja, hoffentlich), dementsprechend tragen sie ihre echten Stärken und Schwächen mit ins Spiel. Genau deswegen ist diese endlose Wiederholung diverser Muster auch so öde, weil sie nur der gellende Beweis dafür sind, daß die Mehrheit der Menschen überhaupt nicht in der Lage ist, soetwas wie einen Perspektivwechsel durchzuführen, bevor sie sich eine blutige Nase geholt hat. Ob nun Babies oder Veteranen, der ewige Kreislauf des Lebens besteht darin, daß wir uns gegenseitig dumm anmachen, weil wir uns - mit allem Recht - gegenseitig für Idioten halten.

Sich schlecht zu benehmen und nicht an andere zu denken verläuft also aus unterschiedlichen, jedoch recht simplen Gründen stets in beide Richtungen. Deswegen jammern hier letztlich auch alle in fröhlichem Wechsel, weil es alle mit unausweichlicher Sicherheit mal trifft, was das schmerzliche Mißverstehen, Mißinterpretieren und Mißachten angeht. Denn wenn sich ein Haufen geistig Beschränkter unterhalten, was wird da wohl am Ende herauskommen? Richtig, ganz bestimmt ein harmonisches Konzert unvergleichlicher Schönheit...

Es gäbe eine Menge Spieldetails, die man hier erläutern könnte und müßte, um die Mehrheit aus ihrer selbstzufriedenen Unmündigkeit herauszuholen. Aber das ist ja langweilig oder bedarf einer wall of text, für deren Rezeption die durchschnittliche Aufnahmefähigkeit des sogenannten homo sapiens nie ausgerichtet war. Vermutlich sind bis zu eben dieser Stelle über fünfzig Prozent der Leser gar nicht gekommen. Würde man nicht bloß immer wieder die eigenen Realitätskonstruktionen zu schützen versuchen oder vorschnell geistig abschalten, könnte man sich mit den Mechanismen des Spiels auseinandersetzen. Aber das erscheint zu kompliziert, unnötig aufwändig. Und überhaupt ist sowieso immer irgendjemand anderes schuldig und verantwortlich. Outsourcing ist die Lösung für alle Probleme, auch in Sachen Schuld und Verantwortung.

Wie dem auch sei, ich breche den Artikel hier mal ab, um nicht den selben Fehler wie andere zu begehen, indem ich irgendetwas ernsthaft erklären will. Wenn das Gezanke irgendwann mal aufhört, gibts nämlich keinen Grund mehr, eRep zu spielen. Möge der sinnlose Streit also niemals enden.

Pure Vernunft darf niemals siegen!